Chancen und Herausforderungen im Bereich Deutsch als Fremdsprache
Deutsch als Fremdsprache – eine Baustelle unter vielen in Deutschland
Ich landete nach meinem Studium der Germanistik und Italianistik in Freiburg zufaellig in diesem Beruf. Und hatte das Glück, diese Tätigkeit in einem optimalen Umfeld zu erlernen, in der damaligen, an das Goethe Institut angeschlossenen Abteilung für Individual- und Kleingruppenkurse in der Goethestr. in München.
Barbara Thoma war eine der besten Vorgesetzten, die ich je hatte. Sie ermoeglichte damals vielen arbeits- und orientierungslosen Akademikern den paedagogischen Einstieg in eine sehr sinnvolle Taetigkeit: Die Vermittlung der Muttersprache an Nicht-Muttersprachler. Ich begann mit Individualunterricht und wuchs auch dank netter Kollegen in die Superintensivkurse hinein. Das waren damals für die Kursteilnehmer zwei Wochen lang 8 UEs täglich, unterrichtet von einer Vor- und Nachmittagslehrkraft, die sich täglich gut absprechen mussten.
Was damals am GI für freiberufliche Lehrkräfte ebenfalls aus meiner Sicht von Vorteil war: wir durften nur 5einhalb Monate am Stück arbeiten und mussten dann eine Pause von zweieinhalb Monaten einlegen. Damit wir uns nicht als Festangestellte einklagen konnten. Für mich bedeutete das immer auch eine erfrischende Unterrichtspause. Und die Gewissheit, in den 5einhalb Monaten gut beschäftigt zu sein. Unterrichten ist nämlich dann langfristig erfreulich, wenn man auch ausreichend regenerieren kann. Und die Klassen nicht zu gross sind. Es geht ja schließlich nicht nur um Stoffvermittlung. Beim Lernen und Unterrichten ist im besten Fall auch die Persönlichkeit motiviert dabei, in einem Energiezustand, der dazu beiträgt, auf die Lernenden auch als Menschen einzugehen und neugierig zu sein.
Diese schöne Zeit fand ein abruptes Ende, als Frau Thoma in Pension gehen musste. Und ihre Nachfolge unter sehr fragwürdigen Gesichtspunkten ausgesucht wurde: Der damalige Leiter des GIs wollte eine unliebsame Kollegin loswerden und lobte sie sozusagen weg. In den Neunzigern begann der Niedergang des GI in massiver Weise. Die Personal- und Führungspolitik ging mit einem unmenschlichen, rein kunden- und geldorientiertem System konform, in dem wache und kritische Geister als Mitarbeiter nicht mehr gern gesehen waren. Das GI fuehrte auch seine Ausbildungen nicht mehr durch fuer kuenftige Festangestellte. Es herrschte der Geist, jedem zu vermitteln, dass er oder sie letztlich austausch- oder versetzbar war, wenn man nicht entsprechend spurte. Gleichzeitig klang natuerlich die Fassade weiterhin demokratisch! Das war natürlich nicht nur am GI so! Der Zusammenbruch des Ostens beguenstigte Wild West Kapitalismus auch in Instutionen, die gar nicht dem reinen Profitstreben verpflichtet waren.
Was für mich die Arbeit trotz übler Mobbingerfahrungen sprich ungerechtfertigter Auftragsverlusten am GI noch mehrere Jahre anziehend machte, war die im Vergleich zu anderen Sprachinstituten besseren Stundensätze und ein meist interessantes internationales gebildetes Klientel. Erst die dritte schwerwiegende Mobbingerfahrung, bei der mir das GI ebenfalls einen fairen Dialog verweigerte, zementierte die Erkenntnis, dass Dialogfaehigkeit und Loesungsorientierung gar nicht in deren Sinne war. Leider haben freiberufliche Lehrkräfte weder am GI noch an anderen Sprachinstituten eine Lobby. Dabei sind wir größtenteils freiberuflichen Sprachtrainer die wesentliche Brücke für die Kursteilnehmer, hinüber zum mitunter nicht einfachen neuen Sprach- und Mentalitaetsufer und seinen neuen ungewohnten Lebensbedingungen. Dank unserem Einsatz verdienen die Institute ihr Geld! Auch das GI erwirtschaftet zu 80% seinen Gewinn mit Freiberuflern! Und behandelt sie inzwischen wie Parias. Um nicht die anfallenden Sozialabgaben für sie mitzuentrichten. Für dieses lange Zeit konkurrenzlose Institut ein moralisches Armutszeugnis, dessen Folgen wir freiberuflichen Lehrkraefte zu 100% ausbaden müssen.
Was ich mir für uns freiberuflichen Sprach-Trainer wünsche? Eine Bildungssozialkasse. Vergleichbar mit den Künstlern. D.h. der Staat bezahlt für uns 50 % der Kranken- und Rentenversicherung. Das wäre mal ein Anfang. Kombiniert mit deutlich höheren Stundensätzen. An allen Instituten! Mit einem steigenden Stundensatz je nach Berufserfahrung, so dass wir motiviert dran bleiben.
Ich wünsche mir auch wieder viel mehr solides Sprachbewusstsein. Angefangen bei dem europäischen Referenzrahmen für Sprachen. Der versucht, alle Sprachen in ein Progressionsschema zu pressen. Was oft nicht funktioniert. Ich wünsche mir auch bessere Bücher. Oder die garantierte Freiheit, als Lehrkraft zu entscheiden, mit welchen Materialien ich arbeite. Gerade die vielen neu erschienenen Bücher sind oft nicht gut gemacht. Verkaufen die Illusion, mit ein paar Bildchen und netten Texten sowie möglichst viel Internetfilmchen wäre Sprachen lernen leicht. Ist es aber nicht. Es sei denn, man begnügt sich auch im mittleren Sprachniveau damit, fließend Falschsprecher zu züchten.
Jede Zeit unterliegt oft ihren eigenen Irrtuemern. Frueher war es fraglos zu viel Grammatik und Drill, die die Lust am Sprachen lernen daempfte. Heute ist eher das Gegenteil der Fall, zu viel unkontrollierter Freiraum, der bei einer Sprache wie Deutsch die Lernenden meist nicht zum Ziel, d.h. die Sprache wirklich gut zu koennen, fuehrt.
Das Paradies hat einen Namen und der Guertel der Astarte
Der Muenchner Genreroman "Das Paradies hat einen Namen"von Hanna Perlmann und Ilonka Svensson fuehrt in die skurile Welt freiberuflicher Deutschtrainer ein: Bei www.neobooks.com den Titel direkt ins Suchfeld eingeben.
Die mythologische Abenteuererzaehlung "Der Guertel der Astarte" entfuehrt die Leser nach Sueddeutschland und Syrien vor dem Buergerkrieg.